Notation
In der Thermodynamik wird zwischen Zustands- und Prozessgrößen unterschieden. Zustandsgrößen lassen sich aus einer Zustandsfunktion bestimmen und gelten unabhängig davon, wie dieser Zustand erreicht wurde. Bei Prozessgrößen dagegen ist es relevant, auf welche Weise ein Zustand erreicht wird. Damit hängt diese Größe nicht mehr ausschließlich vom Zustand ab und kann nicht durch eine Zustandsfunktion beschrieben werden.
Infinitesimale Änderungen von Zustandsgrößen lassen sich aus dem totalen Differential einer Zustandsfunktion bestimmen. Da dies bei Prozessgrößen nicht möglich ist, bedient man sich anderer Symbole, um zu zeigen, dass es sich bei Änderungen dieser Größen nicht um den Teil eines totalen Differentials handeln kann. Die Unterscheidung wird für makroskopische Änderungen fortgeführt.
Änderung | Zustandsgröße Z | Prozessgröße P |
infinitesimal | \mathrm d Z | \delta P |
makroskopisch | \Delta Z | P |
Die Symbole sind nicht mit dem geschwungenen d für partielle Ableitungen \partial zu verwechseln.
Theoretische Grundlagen
Ideale Gase
Ein ideales Gas liegt unter den Voraussetzungen vor, dass die Gasteilchen kein Eigenvolumen besitzen und neben elastischen Stößen keine weiteren Wechselwirkungen zwischen den Gasteilchen vorliegen. Es wird durch die ideale Gasgleichung beschrieben.
Das Produkt aus Druck p und molarem Volumen V_\text m ist proportional zur Temperatur T. Die Proportionalitätskonstante R wird universelle Gaskonstante genannt, mit R=8{,}314\,\text J/(\text{mol}\,\text K) . Wie jede molare Größe ist auch das molare Volumen V_\text m als Quotient aus Volumen V und Stoffmenge n definiert.
Reale Gase — Die Van-der-Waals-Gleichung
Bei einem realen Gas werden sowohl das Eigenvolumen der Teilchen (Repulsion), als auch Wechselwirkungen zwischen den Teilchen (Attraktion) berücksichtigt. Eine mögliche mathematische Beschreibung dieser Gase liefert die Van-der-Waals-Gleichung.
Im Vergleich zur idealen Gasgleichung wurde hier der Druck- und Volumenterm verändert:
-
Der Van-der-Waals-Koeffizient a beschreibt attraktive Wechselwirkungen der Gasteilchen, die den Impulsübertrag auf die Gefäßwand reduzieren. Der Druck des Gases wird folglich reduziert.
\begin{aligned} p &= p_\text{ideal} - \frac{a}{V_\text m^2}\\ \quad\Leftrightarrow\quad p_\text{ideal} &= p + \frac{a}{V_\text m^2} \end{aligned}Der Term skaliert mit dem Faktor V_\text m^{-2}, da die Wechselwirkungen proportional zur Teilchendichte im Gas und proportional zur Anzahl der Teilchen ist, die an die Wand stoßen . Dies liefert die quadratische Abhängigkeit vom reziproken molaren Volumen.
-
Der Van-der-Waals-Koeffizient b beschreibt das Eigenvolumen der Teilchen und muss vom Volumen abgezogen werden, da das gemessene reale Volumen durch das Eigenvolumen der Teilchen vergrößert wird.
\begin{aligned} V_\text{m} &= V_\text{m,ideal} + b\\ \quad\Leftrightarrow\quad V_\text{m,ideal} &= V_\text{m} - b \end{aligned}
Bei sehr kleinem Druck oder sehr großer Temperatur verhält sich ein reales Gas ideal, da bei kleinem Druck die Teilchendichte so gering ist, dass das Eigenvolumen vernachlässigt werden kann. Bei großer Temperatur ist die kinetische Energie der Gasteilchen wesentlich größer als die Wechselwirkungen zwischen den Teilchen, so dass auch hier ein nahezu ideales Verhalten zu beobachten ist.
Der kritische Punkt
In Abbildung sind Isothermen eines idealen und eines realen Gases bei verschiedenen Temperaturen in einem p-V-Diagramm eingezeichnet. An den Isothermen des idealen Gases ist der hyperbolische Verlauf des Funktionsgraphen zu erkennen. Die Temperatur T_{\mathrm{ideal},1} ist dabei höher als die Temperatur T_{\mathrm{ideal},2}. Der Druck eines Gases ist bei hohem Volumen gering. Betrachtet man das Volumen im Grenzwert gegen Null, geht der Druck gegen unendlich. Zu jedem Druck ist genau ein Volumen zugeordnet.
Zur interaktiven Visualisierung (1) dieser Abbildung Zur interaktiven Visualisierung (2) dieser AbbildungEin reales Gas zeigt bei einer hohen Temperatur T_{\mathrm{real},1} erwartungsgemäß einen sehr ähnlichen Verlauf im p-V-Diagramm wie ein ideales Gas. Betrachtet man ein reales Gas jedoch bei geringeren Temperaturen, erkennt man eine Verformung, die das reale Verhalten des Gases modelliert. Ab einer bestimmten Temperatur T_{\mathrm{k}} ist die Verformung so groß, dass ein Wendepunkt vorliegt. Dieser Punkt wird kritischer Punkt genannt und eindeutig durch einen kritischen Druck p_\mathrm k, ein kritisches Volumen V_\mathrm k und eine kritische Temperatur T_\mathrm k beschrieben. Für die Berechnung der kritischen Größen wird verwendet, dass der kritische Punkt ein Wendepunkt ist und damit folgende drei Gleichungen gelten müssen.
Daraus können die kritischen Größen in Abhängigkeit der Van-der-Waals-Parameter a und b bestimmt werden:
Die Maxwell-Konstruktion
Bei Temperaturen, die kleiner als die kritische Temperatur T_\mathrm k sind, nimmt die Isotherme eines Van-der-Waals-Gases im p-V-Diagramm die in Abbildung bei der Temperatur T_{\mathrm{real},2} dargestellte Form an. Aus dem Verlauf ist zu erkennen, dass es in bestimmten Volumen- und Druckintervallen möglich ist, den Druck bei Erhöhung des Volumens zu vergrößern. Auch sind einem bestimmten Druck drei mögliche Volumina zugeordnet. In diesem Bereich kann die Van-der-Waals Gleichung also keine Gültigkeit besitzen.
Eine Lösung, die das Verhalten des Gases besser beschreibt, lässt sich mithilfe einer Maxwell-Konstruktion erhalten. Durch den physikalisch nicht sinnvollen Bereich wird eine waagerechte Linie gezogen, so dass die Flächeninhalte des Bereiches zwischen Isotherme und der waagrechten Linie gleich sind. Das Gas kondensiert in diesem Bereich und steht dabei mit der Flüssigkeit im thermodynamischen Gleichgewicht. Nur die Gleichheit der in Abbildung dargestellten Flächeninhalte ermöglicht, dass chemisches Potential von Flüssigkeit und Gasphase im Kondensationsbereich gleich sind.
Zur interaktiven Visualisierung dieser AbbildungDie vereinfachte Van-der-Waals-Gleichung
Die Van-der-Waals-Gleichung kann für einen kleinen Druck (bis ungefähr 10 hPa) vereinfacht werden . In der Regel lassen sich Rechnungen mit der normalen Van-der-Waals-Gleichung ausführen, manchmal wird der mathematische Aufwand jedoch zu hoch, so dass die vereinfachte Form verwendet werden kann. In diesem Skript wird explizit gekennzeichnet, wenn die vereinfachte Van-der-Waals-Gleichung verwendet wird.
Betrachtet man die ausmultiplizierte Form von Gleichung ,
so erkennt man sofort, dass der letzte Term auf der linken Seite für ein großes molares Volumen V_\text m — also bei kleinem Druck — vernachlässigbar klein ist. Außerdem kann das molare Volumen im zweiten Term auf der linken Seite durch die ideale Gasgleichung (Gleichung ) ausgedrückt werden. Somit erhält man die vereinfachte Van-der-Waals Gleichung
Das selbe Ergebnis wird erhalten, wenn die Van-der-Waals-Gleichung in einer Virialentwicklung nach V_{\text m}^{-1} entwickelt wird, nach dem linearen Term abgebrochen wird und eine weitere Näherung durchgeführt wird.
Joule-Thomson-Effekt
Gase verhalten sich ideal, wenn die Gasmoleküle miteinander nicht wechselwirken. Daher hängt die innere Energie U solcher Gase nur von der Temperatur, nicht aber vom Volumen oder vom Druck ab. Bei realen Gasen sind die Wechselwirkungsenergien der Teilchen untereinander nicht vernachlässigbar. Sie führen dazu, dass eine Temperaturänderung eintritt, wenn sie komprimiert oder expandiert werden. Genau diese Expansion ist Gegenstand des Joule-Thomson-Experiments.
Der Joule-Thomson-Koeffizient \mu beschreibt die Änderung der Temperatur eines realen Gases bei Änderung des Druckes.
Überwiegen attraktive Wechselwirkungen zwischen den Teilchen kühlt das Gas bei Expansion ab, da Energie benötigt wird um die Teilchen auf das größere Volumen zu verteilen. Damit ist der Joule-Thomson-Koeffizient positiv. Dominieren hingegen repulsive Wechselwirkungen, erwärmt sich das Gas bei Expansion, somit ist der Joule-Thomson-Koeffizient negativ. Für ein ideales Gas ist \mu = 0, da die innere Energie eines idealen Gases nur von der Temperatur und nicht von dem Druck oder von dem Volumen abhängt.
Experimenteller Versuchsaufbau
Experimentell kann dieser Effekt mit der folgenden Apparatur gemessen werden.
Ein Gas wird mithilfe zweier Kolben über eine Fritte (poröse Wand) von einem konstanten Druck p_1 auf einen konstanten Druck p_2 entspannt. Durch Wärmeisolation der Gaskammern findet der Prozess adiabatisch statt, also \delta Q = 0. Natürlich ist der Druck p_1 größer als der Druck p_2, denn sonst würde das Gas nicht expandieren.
Energiebilanz
Wir betrachten nun die Summe der Volumenarbeit W in den beiden Kolben
Da die Drücke konstant sind, können sie vor das Integral gezogen werden. Vertauschen der Integrationsgrenzen ändert das Vorzeichen vor dem Integral. Integration liefert
Der Prozess wird adiabatisch durchgeführt. Da demnach keine Wärme ab- oder aufgenommen wird, ist die Änderung der inneren Energie \Delta U gleich der Volumenarbeit W.
Einsetzen der im Joule-Thomson-Versuch geleisteten Arbeit W (Gleichung ) in Gleichung liefert den Ausdruck
Umstellen liefert
Der Ausdruck auf der rechten und auf der linken Seite der letzten Gleichung entspricht der Definition der Enthalpie H = U + pV, so dass gilt
Damit wurde gezeigt, dass der Joule-Thomson-Versuch isenthalp, also unter Erhalt der Enthalpie abläuft. Diese Beziehung wird genutzt, um den Joule-Thomson-Koeffizienten für Van-der-Waals-Gase zu berechnen.
Berechnung des Joule-Thomson-Koeffizienten
Die Definition des Joule-Thomson-Koeffizienten in Gleichung lässt zwar eine einfache experimentelle Bestimmung zu, ermöglicht es jedoch in dieser Form noch nicht, den Joule-Thomson-Koeffizient für ein Gas eines bestimmten Modells zu berechnen. Deshalb wird der Ausdruck im folgenden Absatz mithilfe der Gibbsschen Fundamentalgleichungen umgeformt.
Für das vollständige Differential der Enthalpie folgt aus \mathrm d H~=~0
Dieser Ausdruck lässt sich direkt zu \frac{\mathrm d T}{\mathrm d p} umstellen und damit in die Definition des Joule-Thomson-Koeffizienten einsetzen.
Der Nenner entspricht der Wärmekapazität bei konstantem Druck C_p.
Der Term im Zähler kann ebenfalls umgeschrieben werden. Aus der Gibbsschen Fundamentalgleichung für die Enthalpie
folgt für die partielle Ableitung der Enthalpie nach dem Druck bei konstanter Temperatur
Für den Joule-Thomson-Koeffizient \mu folgt dann aus Gleichung und
Die partielle Ableitung der Entropie S nach dem Druck p bei konstanter Temperatur kann mithilfe der Gibbsschen Fundamentalgleichung für die freie Enthalpie
Diese Ableitungen werden ein weiteres Mal abgeleitet, so dass die gemischten Ableitungen der freien Enthalpie nach Druck und Temperatur erhalten werden.
Da die partiellen Ableitungen aufgrund des Satz von Schwarz vertauschbar sind, gilt demnach
Für den Joule-Thomson Koeffizient \mu folgt dann aus Gleichung und
Da die Thermodynamik kein Modell liefert, die Wärmekapazität~C_p zu bestimmen, ist an dieser Stelle ersichtlich, dass es unmöglich ist, nur mit den Mitteln der Thermodynamik den Joule-Thomson-Koeffizient für beliebige Temperaturen und Drücke zu bestimmen. In Tabelle befinden sich experimentell bestimmte Joule-Thomson-Koeffizienten für verschiedener Gase.
Gas | \mu / (\text K\,\text{Pa}^{-1}) |
H2 | -0,03 · 10-5 |
He | -0,06 · 10-5 |
N2 | 0,25 · 10-5 |
CO2 | 1,10 · 10-5 |
Inversionskurve für ein Van-der-Waals Gas
Es ist jedoch möglich zu bestimmen, wann der Joule-Thomson-Koeffizient sein Vorzeichen wechselt. Gesucht ist also ein Zusammenhang zwischen Druck und Temperatur, der angibt, wann der Joule-Thomson-Koeffizient null wird. Dieser Zusammenhang wird Inversionskurve genannt, da der Joule-Thomson-Koeffizient hier sein Vorzeichen ändert. Dafür muss der Term im Zähler in Gleichung~ verschwinden.
Weiteres Umstellen liefert die Bedingung für die Inversionskurve
Die partielle Ableitung des Volumens nach der Temperatur bei konstantem Druck kann aus der Van-der-Waals-Gleichung erhalten werden, indem zunächst beachtet wird, dass das molare Volumen~V_\text m in der Van-der-Waals-Gleichung ebenfalls eine Funktion der Temperatur ist
Das Bilden der totalen Ableitung des Druckes nach der Temperatur bei konstantem Druck liefert dann gemäß der Kettenregel
Umstellen und weiteres Umformen liefert dann die gesuchte Größe
Dieser Ausdruck lässt sich dann direkt in die Bedingung für die Inversionskurve, Gleichung , einsetzen. Damit erhält man nach einigem Umstellen
Die einfachen Umformungen von Gleichung
lassen sich dann direkt in die Van-der-Waals-Gleichung einsetzen, so dass man mit Gleichung zunächst
und mit Gleichung als Ergebnis
erhält. Der Druck wird Inversionsdruck p_\text{inv} genannt und ist eine Funktion der Temperatur.
Durch Nullsetzen von Gleichung und Auflösen nach der Temperatur werden die obere und untere Inversionstemperatur T_\text{inv,u} und T_\text{inv,o} erhalten.
Der Druck p_\text{max} ist der maximale Druck, bei dem ein Gas noch einen Joule-Thomson-Koeffizienten von null aufweisen kann. Bei jedem größeren Druck als p_\text{max} erwärmt sich das Gas bei Expansion. Die zu p_\text{max} gehörige Temperatur wird T_{p_\text{max}} bezeichnet. Die beiden Maximalgrößen werden durch Nullsetzen der ersten Ableitung nach dem Druck von Gleichung bestimmt.
In Abbildung ist die Inversionskurve eines Van-der-Waals-Gases dargestellt. Unterhalb der Inversionskurve ist der Joule-Thomson-Koeffizient positiv und das Gas kühlt beim Entspannen ab. Auf der Kurve selbst ist der Joule-Thomson-Koeffizient null, oberhalb der Kurve negativ. Zusätzlich sind die obere und untere Inversionstemperatur, sowie Maximaldruck und die zugehörige Temperatur eingezeichnet.
Zur interaktiven Visualisierung dieser AbbildungDie obere Inversionstemperatur bildet die Grenze, ab der die attraktiven Wechselwirkungen eines realen Gases in Relation zu dessen thermischer Energie zu schwach sind, um es durch isenthalpe Expansion abkühlen zu können. Unterhalb der unteren Inversionstemperatur liegt das System hingegen im flüssigen Zustand vor. (Bitte beachten Sie, dass ab der Verflüssigung die Van-der-Waals-Gleichung streng genommen nicht mehr gültig ist (s.a. Maxwell-Konstruktion und Van-der-Waals-Schleife).)
In Tabelle befinden sich experimentell bestimmte Van-der-Waals-Koeffizienten und molare Wärmekapazitäten für verschiedener Gase.
Gas | a / (\text{Pa}\,\text m^6\,\text{mol}^{-2}) | b / (\text m^3\,\text{mol}^{-1}) | C_{\text{m},p} / (\text J\, \text{mol}^{-1}\, K^{-1}) |
H2 | 196,7 · 10-3 | 21,9 · 10−6 | 28,83 |
He | 34,6 · 10-3 | 23,7 · 10−6 | 20,79 |
N2 | 136,5 · 10-3 | 38,5 · 10−6 | 29,12 |
CO2 | 364,9 · 10-3 | 42,7 · 10−6 | 37,13 |
Joule-Thomson-Koeffizient eines Van-der-Waals-Gases
Prinzipiell lässt sich der Joule-Thomson-Koeffizient mithilfe von Gleichung und der Van-der-Waals-Gleichung (Gleichung ) bestimmen. Da die Rechnung sehr aufwendig ist, wird in der folgenden Betrachtung die vereinfachte Van-der-Waals-Gleichung (Gleichung ) verwendet. Die partielle Ableitung des Volumens nach der Temperatur lautet dann
Einsetzen dieser Ableitung und der vereinfachten Van-der-Waals Gleichung in Gleichung liefert für den Joule-Thomson-Koeffizienten
Anwendung des Joule-Thomson-Effektes
Der Joule-Thomson-Effekt findet Anwendung in der Kühltechnik. Durch Kompression eines Gases wird dieses verflüssigt. Dabei freiwerdende Wärme wird abgeführt. Das Gas kann dann wieder expandiert werden. Wenn diese Expansion in einem Druck- und Temperaturbereich durchgeführt wird, in dem das Gas einen positiven Joule-Thomson-Koeffizienten aufweist, kühlt es sich ab und verflüssigt sich dabei. Das kalte, verflüssigte Gas kann in einem Gegenstromverfahren zur Kühlung des einströmenden Gases genutzt werden.
In Abbildung sind die Inversionskurven verschiedener Gase gezeichnet. Durch die Expansion von Stickstoff kann Wasserstoff auf eine Temperatur von weniger als ungefähr 210 K vorgekühlt werden. Die Expansion von Wasserstoff kann erst bei dieser Temperatur genutzt werden, um Helium auf eine Temperatur von ungefähr 30 K vorzukühlen. Die Expansion von Helium führt anschließend zum Erreichen von einer sehr kleinen Temperatur.
Versuchsaufbau
Der verwendete experimentelle Versuchsaufbau unterscheidet sich von dem in Abbildung gezeigten Aufbau. Anstelle von Kolben wird ein Druckminderer verwendet, um das Gas aus einer Gasflasche von einem konstanten Druck gegen den ebenfalls konstanten Umgebungsdruck zu entspannen. Eine feinporige Fritte sorgt für eine langsame Expansion. Mithilfe zweier Thermometer wird die Temperatur vor und unmittelbar hinter der Fritte gemessen. Da das Gas aus Gasflaschen entnommen wird, die unter sehr hohem Druck stehen, tritt wegen der starken Druckminderung über die Zuleitungen aufgrund des Joule-Thomson-Effektes eine Temperaturänderung auf. Um alle Gase bei Raumtemperatur expandieren zu lassen, durchläuft das Gas deshalb einen Wärmetauscher. Dieser besteht aus einem dünnen, zylindrisch aufgewickelten Metallrohr.
Durchführung [Laborversuch]
Tutorial zur virtuellen Durchführung
Zur interaktiven DurchführungVideoanleitung zum Laborversuch
Mithilfe von zwei Thermometern wird die Temperaturdifferenz in Abhängigkeit einer eingestellten Druckdifferenz für die Gase Kohlenstoffdioxid und Stickstoff gemessen.
Messung
Führen Sie die Messung zunächst für Kohlenstoffdioxid durch und wiederholen Sie dieselben Schritte für Stickstoff.
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Stellen sie den Dreiwegehahn auf das zu untersuchende Gas.
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Öffnen Sie das (obere) Hauptventil durch Drehen gegen den Uhrzeigersinn, bis die rote Markierung durch die grüne Markierung ersetzt wird.
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Öffnen Sie nun langsam das (untere) Feinventil durch Drehen im Uhrzeigersinn, bis eine Druckdifferenz von ungefähr 1,00 bar eingestellt ist. Achten Sie darauf, dass die Druckdifferenz zeitlich konstant ist.
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Warten Sie ungefähr vier Minuten, bis sich die Temperaturdifferenz auf einen konstanten Wert eingestellt hat. Notieren Sie den Druck und die Celsiustemperatur an beiden Thermometern.
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Reduzieren Sie den Druck am (unteren) Feinventil langsam um ungefähr 0,15 bar. Warten Sie auch hier ungefähr vier Minuten, und notieren Sie den Druck und die Celsiustemperatur an beiden Thermometern.
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Wiederholen Sie den letzten Schritt, bis Sie eine Druckdifferenz von ungefähr 0,25 bar erreicht haben. Die Messung für das verwendete Gas ist damit beendet.
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Schließen Sie zunächst das (obere) Hauptventil, bis die rote Markierung erscheint. Warten Sie, bis sich der in der Apparatur vorherrschende Überdruck abgebaut hat und schließen Sie dann das (untere) Feinventil. Jetzt können Sie den Dreiwegehahn auf das nächste Gas umschalten.
Versuchsende
Achten Sie am Ende des Versuches darauf, dass alle Ventile geschlossen sind. An allen Ventilen muss die rote Markierung sichtbar sein.
Durchführung [digitaler Versuch]
Stellen Sie den Innendruck von ca. 125 kPa bis ca. 250 kPa je ca. 25 kPa. Warten Sie ungefähr 10 Sekunden, bis sich die Temperaturen jeweils auf einen konstanten Wert eingestellt haben und zeichnen Sie die Werte auf. Führen Sie die Messung für Kohlenstoffdioxid, Stickstoff und Helium durch.
Auswertung
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Bestimmen Sie die Temperaturdifferenz T_\text{diff} aus Differenz der beiden aufgenommenen Celsiustemperaturen \vartheta_1 - \vartheta_2. Bestimmen Sie beim digitalen Versuch als auch die Druckdifferenz p_\text{diff} als Differenz der beiden aufgenommenen Drücke p_1 - p_2.
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Tragen Sie die Temperaturdifferenz T_\text{diff} für jedes der Gase gegen die eingestellte Druckdifferenz p_\text{diff} in je einem eigenen Diagramm auf. Bestimmen Sie mithilfe eines linearen Fits aus der Steigung den Joule-Thomson-Koeffizienten \mu. Stellen Sie nachvollziehbar dar, ob und warum Sie den Fit durch den Nullpunkt zwingen. Diskutieren Sie, was ein Achsenabschnitt ungleich Null bedeuten würde.
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Berechnen Sie den Joule-Thomson-Koeffizienten mithilfe der vereinfachten Van-der-Waals-Gleichung (Gleichung ) und den Literaturwerten aus Tabelle . Nehmen Sie dabei an, dass die Temperatur T = 298{,}15\,\text K beträgt.
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Diskutieren Sie für jedes Gas, ob bei Raumtemperatur repulsive oder attraktive Wechselwirkungen überwiegen.
Vorbereitung auf das Kolloquium
Das Kolloquium beinhaltet zwei Themen. In beiden Themen wird vorausgesetzt, dass von den besprochenen Größen die physikalische Bedeutung, die Einheit und die Berechnung des zugehörigen Fehlers bekannt sind.
Erstes Thema: Erläutern Sie Versuchsziele, Versuchsdurchführung, verwendete Apparaturen und gemessene Größen.
Zweites Thema:-
Erläutern Sie wie die Temperatur T, Temperaturdifferenz T_\text{diff}, sowie die Fehler dieser Größen berechnet werden.
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Geben Sie an, wie der Joule-Thomson-Koeffizient \mu aus den experimentell gewonnenen Daten und mit Hilfe der Van-der-Waals-Koeffizienten bestimmt wird.