Theoretische Grundlagen
In einer binären Mischung aus Wasser und Natriumhydroxid sollen die partiellen Molvolumina der Mischungspartner experimentell bestimmt und mit den molaren Volumina der Reinstoffe verglichen werden.
Das molare Volumen
Das molare Volumen (auch Molvolumen) eines Reinstoffs V_\text{m}^\text{rein} ist als Quotient von Volumen V und Stoffmenge n definiert :
Im Allgemeinen hängt das molare Volumen V_\text{m} vom Druck p und von der Temperatur T ab, da das Volumen V druck- und temperaturabhängig ist. So ist das molare Volumen des idealen Gases V_\text{m}^\text{ideal} unabhängig von der Art des Gases als
gegeben, da Wechselwirkungen zwischen den Gasteilchen vernachlässigt werden. Die universelle Gaskonstante ist R=8{,}314\,\text J\,/\,(\text{mol}\,\text K) . Sind die Wechselwirkungen zwischen den Teilchen eines Reinstoffs nicht vernachlässigbar, so äußert sich das u.a. in einer Abweichung des molaren Volumens (Gleichung ) vom molaren Volumen des idealen Gases (Gleichung ). Bei Flüssigkeiten und Feststoffen ist diese Abweichung besonders deutlich.
Definition des partiellen Molvolumens
Betrachten wir nun eine homogene Mischung aus N verschiedenen Reinstoffen. Das Volumen der Mischung hängt vom Druck und von der Temperatur ab. Darüber hinaus kann man experimentell feststellen, dass das Volumen der Mischung in der Regel auch von der Zusammensetzung abhängt
Das totale Differential des Volumens einer Mischung ist demnach:
wobei die Änderung des Mischungsvolumens bei Änderung der Stoffmenge der iten Komponente als partielles Molvolumen V_{\text{m},i} der iten Komponente bezeichnet wird.
Der Zusatz
p,T,n_{i\neq j}
bedeutet, dass der Druck, die Temperatur und die Stoffmenge aller
anderen Komponenten konstant gehalten werden. Wären die
Wechselwirkungen zwischen den Teilchen innerhalb der Mischung die
Gleichen wie innerhalb der Reinstoffe, so wären die partiellen
Molvolumina unabhängig von der Zusammensetzung und daher gleich der
Molvolumina der Reinstoffe. In diesem Fall würde sich das Volumen der
Mischung einfach als Summe der Volumina der Reinstoffe ergeben. Hängt
die Wechselwirkung zwischen den Teilchen aber vom Mischungspartner ab,
so unterscheiden sich die partiellen Molvolumina V_{\text{m},i}
von den molaren Volumina V_{\text{m},i}^{\text{rein}}
der Reinstoffe:
Die partiellen Molvolumina sind dann ebenfalls Funktionen von Druck, Temperatur und Zusammensetzung der Mischung.
Binäre Mischungen
In diesem Versuch wird eine homogene Mischung aus Wasser und Natriumhydroxid untersucht. Ändert man in einer solchen Zweikomponentenmischung (N=2) die Stoffmenge der einen Komponente (\mathrm d n_1\neq 0) unter isobaren (\mathrm d p=0) und isothermen (\mathrm d T=0) Bedingungen und hält die Stoffmenge der anderen Komponente konstant (\mathrm d n_2=0), so kann man das partielle Molvolumen von Komponente 1 mit Gleichung bestimmen.
Dafür muss man die Änderung des Volumens der Mischung V_\text{diff} bei Zugabe der Stoffmengenportion n_\text{1,diff} messen. Da für das Volumen V der binären Mischung
gilt, kann auch das partielle Molvolumen von Komponente 2 bestimmt werden, wenn die insgesamt in der Mischung vorliegenden Stoffmengen n_1 und n_2 der beiden Komponenten bekannt sind:
Vergleicht man die experimentell bestimmten partiellen Molvolumina aus den Gleichungen und mit den molaren Volumina der Reinstoffe aus Gleichung , so lässt sich feststellen, ob sich beispielsweise die Wechselwirkung zwischen zwei Wassermolekülen von der Wechselwirkung zwischen einem Wassermolekül und einem Natriumhydroxidmolekül unterscheidet.
Versuchsaufbau
Apparatur zur Volumenmessung
Die Apparatur zur Mischung der Komponenten und zur Messung des Mischungsvolumens besteht aus einem Behälter mit aufgesteckter Bürette. Über einen Hahn am unteren Einlaß kann Wasser aus dem Vorratsgefäß eingelassen werden. Über den festmontierten Glastrichter wird festes Natriumhydroxid zugegeben. Das Volumen der Mischung wird aus dem Bürettenstand bestimmt. Der Behälter ist ein Doppelmantelgefäß mit zusätzlicher innerer Temperierspirale. Damit kann die Mischung mithilfe eines Thermostaten auf einer konstanten Celsiustemperatur von 25 ℃ gehalten werden. Die Celsiustemperatur wird an einem Thermometer abgelesen. Der Thermometerfühler befindet sich in einem Glaseinlass mit Wasser als Kontaktflüssigkeit und ist nicht direkt mit der Natronlauge in Kontakt. Die Mischung wird mit einem Magnetrührer gerührt, um das Lösen von Natriumhydroxid zu beschleunigen und um eine möglichst homogene Mischung herzustellen.
Entgasungsapparatur
Bei großer Konzentration an Natriumhydroxid ist die Löslichkeit von Luft in Natronlauge kleiner als in Wasser. Bei Verwendung von nicht entgastem Wasser bilden sich bei Natriumhydroxidzugabe Gasblasen, die die Volumenmessung verfälschen können. Deshalb wird für diesen Versuch entionisiertes Wasser in einem Rundkolben mithilfe einer Membranpumpe unter Rühren entgast.
Waage
Festes Natriumhydroxid ist hygroskopisch und wird daher portionsweise in einem Schraubdeckelglas gewogen. Nach erfolgter Zugabe zur Mischung ist per Differenzwägung die tatsächlich zugegebene Natriumhydroxidmenge zu bestimmen. Dafür wird das leere Gefäß inklusive Deckel und Trichter ohne zu tarieren mit der entsprechenden Natriumhydroxidmenge befüllt und die Masse als m_\text{voll} notiert. Nach Entleerung erfolgt die Rückwägung des leeren Gefäßes ebenfalls inklusive Deckel und Trichter.
Platzausstattung
Bitte melden Sie defekte oder nicht vorhandene Geräte und Materialien der Saalaufsicht.
Durchführung
Tutorial zur virtuellen Durchführung
Zur interaktiven DurchführungVideoanleitung zum Laborversuch
Vorbereitung
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Schalten Sie den Thermostaten ein, stellen Sie eine Celsiustemperatur von 25 ℃ ein und achten Sie darauf, dass das Kühlwasser läuft.
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Das Doppelmantelgefäß wird zunächst mit entmineralisiertem Wasser bis zum Erreichen eines Bürettenstands von 3—4 mL befüllt. Der Drei-Wege-Hahn wird in Richtung der Bürette und der Woulf'schen Flasche geöffnet, zur Außenluft gleichzeitig geschlossen. Der Magnetrührer wird angeschaltet und die Entgasung erfolgt bei verschlossenem Doppelmantelgefäß nach Anstellen der Pumpe. Es wird für 10—15 Minuten entgast.
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Anschließend wird die Pumpe ausgeschaltet und durch vorsichtiges Drehen des Drei-Wege-Hahns der Zugang zur Außenluft geöffnet, damit die Apparatur belüftet wird.
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Hat sich eine konstante Celsiustemperatur eingestellt, wird diese mit dem Bürettenstand und dem Umgebungsdruck notiert.
Messung des Volumens in Abhängigkeit der Natriumhydroxidzugabe
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Wiegen Sie eine Portion von etwa 10 g bis 15 g an Natriumhydroxidplätzchen im Schraubdeckelgefäß ein. Natriumhydroxid ist sehr hygroskopisch, deshalb sollte hier zügig gearbeitet werden. Wiegen Sie das gefüllte Gefäß, füllen Sie die Natriumhydroxidplätzchen über die Bürette langsam und vorsichtig in die Apparatur und wiegen Sie das leere Gefäß. Die Masse der eingefüllten Natriumhydroxidplätzchen erhalten Sie dann durch Bildung der Massendifferenz.
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Warten Sie bis die Mischung homogen und die Temperatur konstant ist und notieren Sie dann den Celsiustemperaturwert, den Umgebungsdruck sowie den Bürettenstand. Achten Sie darauf, dass sich Kontaktflüssigkeit (Wasser) in dem Einlass des Thermometerfühlers befindet, um einen guten thermischen Kontakt zur Mischung im Inneren des Gefäßes zu gewährleisten.
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Sollten sich auch nach längerer Wartezeit nicht alle Natriumhydroxidplätzchen gelöst haben, notieren Sie zusätzlich die Anzahl der ungelösten Plätzchen. Bestimmen Sie durch Wiegen die Masse eines Natriumhydroxidplätzchens um später eine sinnvolle Fehlerrechnung für die tatsächlich in der Mischung gelöste Menge an Natriumhydroxid sowie für das Mischungsvolumen machen zu können.
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Auf oben beschriebene Weise werden insgesamt acht Portionen Natriumhydroxid zugegeben.
Reinigung
Nach Beendigung des Versuches wird der Thermostat abgestellt und die Natriumhydroxidlösung abgelassen.
Spülen sie das Gefäß mehrmals mit destilliertem Wasser. Achten Sie darauf, dass keine Natriumhydroxidrückstände in der Nähe der Waage und unter dem Wiegeteller verbleiben.
Spülen und trocknen Sie alle Geräte, die mit Natriumhydroxid in Berührung gekommen sind.
Auswertung
Molare Volumina der Reinstoffe
Berechnen Sie mit Hilfe von Gleichung
und den folgenden Werten für die molare Masse
M und die Dichte
\rho
die Molvolumina von festem
Natriumhydroxid (Index 1
) und von Wasser (Index 2
) bei
\vartheta=25°\text C
und p=101325\,\text{Pa}.
Vergleichen Sie die berechneten Molvolumina mit dem Molvolumen des
idealen Gases (Gleichung ).
Nehmen Sie an, dass die gegebenen Werte der molaren Masse und der Dichte nicht fehlerbehaftet sind.
Bestimmung des Volumens der Mischung
Bestimmen Sie das Volumen der Mischung, indem Sie den gemessenen Bürettenstand zu dem Volumen der Mischung addieren, dass sich im Doppelmantelgefäß befindet. Bei einem Bürettenstand von V_{\text{Bürette}} = 0\,\text{mL} beträgt das Mischungsvolumen V=V_\text{Gefäß} = (994\pm0{,}05)\,\text{mL}. Berechnen Sie die insgesamt vorliegende Stoffmenge an Natriumhydroxid n_1 nach jeder Natriumhydroxidzugabe. Tragen Sie das Mischungsvolumen V (Ordinate) gegen die Stoffmenge an Natriumhydroxid n_1 (Abszisse) auf und diskutieren Sie den experimentell erhaltenen Verlauf des Volumens. Vergleichen Sie mit dem Volumen an insgesamt zugegebenem Natriumhydroxid.
Bestimmung der partiellen Molvolumina
Bestimmen Sie das partielle Molvolumen von Natriumhydroxid V_{\text{m},1} mit Gleichung sowie das partielle Molvolumen von Wasser V_{\text{m},2} mit Gleichung . Berechnen Sie aus der anfangs vorhandenen Stoffmenge an Wasser n_2 und der jeweiligen Stoffmenge an Natriumhydroxid n_1 in der Mischung den Molenbruch von Natriumhydroxid x_1. Tragen Sie die erhaltenen partiellen Molvolumina (Ordinate) gegen den Molenbruch von Natriumhydroxid (Abszisse) in einem Diagramm auf. Diskutieren Sie die erhaltenen Verläufe. Vergleichen Sie mit den Molvolumina der Reinstoffe.
Vorbereitung auf das Kolloquium
Das Kolloquium beinhaltet zwei Themen. Bei beiden Themen wird vorausgesetzt, dass von den besprochenen Größen die physikalische Bedeutung, die Einheit und die Berechnung des zugehörigen Fehlers bekannt sind.
Erstes Thema: Erläutern Sie Versuchsziele, Versuchsdurchführung, verwendete Apparaturen und gemessene Größen.
Zweites Thema:
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Wie bestimmen Sie experimentell das Gesamtvolumen der Mischung?
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Wie wird das partielle Molvolumen von Natriumhydroxid und das partielle Molvolumen von Wasser berechnet?
Wie berechnet man das Molvolumen des idealen Gases?